Der Unterschied zwischen Danträger und Meister
(von Stefan Kretschmann)
Das Thema könnte auf den ersten Blick für den ein oder anderen verwirrend sein, denn der Dangrad bedeutet übersetzt Meistergrad. Dennoch gibt es Unterschiede, die es auch logischer- weise geben muss, denn nicht umsonst gibt es mehr Meistergrade als Schülergrade.
Bis zum ersten Dan braucht man, meines erachtens, in der Regel, mindestens 5 Jahre.
Mit dem Erlangen des 1. Dans sollte dann das Repertoir der Grundtechniken abgeschlossen sein, so dass man sagen könnte, dass dieser dann ein Meister ist. Er sollte sämtliche Grund-techniken nicht nur kennen, sondern auch fehlerfrei beherrschen.
Jedoch die Grundtechniken kennen und in ihrer Grundform können, ist eine Sache. Sie richtig einsetzen und daraus effektive und sinnvolle Verteidigungstechniken zu schaffen eine Andere.
Aus diesem Grunde sagt man auch, dass mit dem Erreichen des ersten Dangrads die Ausbild-ung richtig beginnt. Dazu jedoch später mehr.
Der Ursprung unserer Budokampfkünste liegt in Japan, wo es ursprünglich gar kein Graduierungssystem nach Gürtelfarben und auch keine Prüfungen gab, sondern Schüler haben ihre Grade von den Lehrern verliehen bekommen, wenn diese einen gewissen Wissenstand erkannt haben.
1895 wurde ein Komitee von der japanischen Regierung gegründet, mit dem Namen: „Dai Nippon Butokukai“, um die verschiedenen Ryu in Japan zu kontrollieren und standardisieren. Dieses Komitee war auch zuständig Rangbescheinigungen der Kampfkunstmeister und Lehrlizenzen auszugeben und zu bestätigen. Die Tugenden dieses Komitees waren Respekt, Hingabe, Dankbarkeit, Integrität und Ehre.
Das Dai Nippon Butokukai Komitee hat ebenfalls das Dan-System genau definiert und jeder Stufe eine, über die Technik hinausgehende, Bedeutung zugesprochen.
Die grobe Einteilung erfolgt in zwei Stufen:
1 – 4 Dan = Yudansha (Kriegergrade / technische Grade)
5 – 10 Dan = Kodansha (gereifte Meister / geistige Grade)
Yudansha
Yudansha bedeutet übersetzt: „Personen mit einem Grad“.
In dieser Stufe werden die gelernten und gemeisterten Techniken aus den Kyu-Stufen aus einem höheren Standpunkt aus betrachtet und verstanden.
Mit dem Erlangen des 1. Dans sollte das Repertoir der Grundtechniken abgeschlossen sein. Jedoch beginnt jetzt erstmal die Suche nach dem Weg. Es gibt viele Möglichkeiten.
Durch Weiterentwicklung der Techniken wie auch des Geistes durchläuft man einen Entwicklungsprozess vom Weg-Suchenden bis hin zum technischen Experten.
In der Stufe Yudansha haben die einzelnen Graduierungen folgende Bedeutungen:
1. Dan = Weg-Suchender
2. Dan = Schüler am Weganfang
3. Dan = anerkannter Schüler
4. Dan = technische Experte
Allerdings ist diese Reifung nicht nur aus technischer Sicht zu sehen, sondern auch aus Geistlicher. Die Reifung des Geistes, ebenso wie eine rechte innere Haltung sind genauso wichtig wie perfektionierte Techniken.
Ohne die Perfektion von Beidem, können höhere Nieveaus nicht erreicht werden.
Wer nur aufgrund von Technik in dieser Stufe ist, begrenzt sich, weil ihm gewisse Erfahrungen nicht zugänglich sind.
Kodansha
Kodansha bedeutet übersetzt: „Person mit hohem Grad“.
Dies ist die Stufe der gereiften Meister.
Erst ab dieser Stufe ist man selbstständiger Lehrer des Weges.
Es wird in 3 Niveaus unterschieden:
Grade des Wissens:
5. Dan = Renshi
6. Dan = Renshi
Grade der Reife:
7. Dan = Kyoshi
8. Dan = Kyoshi
Grade der Reife:
9. Dan = Hanshi
10. Dan = Hanshi
Renshi – ein Renshi gilt als „Experte der Übung“ und wirkt im Unterricht der Techniken bis in die Stufen der Yudansha. Er sieht seine Aufgabe hauptsächlich darin, Träger von Kyu-Graden und Dan-Graden im Training korrekt auszubilden und auf ein hohes technisches Niveau zu bringen.
– 5. Dan – hat die technische Ausbildung abgeschlossen.
– 6. Dan – bezeichnet einen Grad des Wissens um die Technik und ihre Hintergründe.
Kyoshi – ein Kyoshi gilt als „Experte des Unterrichts“ in der Technik und als „Gelehrter“, der philosophischen Hintergründen des Budo.
– 7. Dan – Grad der technischen und geistigen Reife und wirkt als Experte des gesamten
Lehrprozesses und initiiert Yudansha zur Meisterstufe.
– 8. Dan – Grad der Reife; wirkt als Experte des gesamten Lehrprozesses und iniziiert
seine Schüler zur Tradition des Weges.
Hanshi – der Hanshi ist ein „hoher Gelehrter“ in der unmittelbaren Nähe zum Ideal der menschlichen Selbstperfektion. Der Hanshi ist ein Lehrer der geistigen Inhalte des Weges.
– 9. Dan – Grad der hohen geistigen Reife
– 10. Dan – Grad der hohen geistigen Reife
Nach diesem traditionellen, japanischen Gedanken des Dai Nippon Butokukai unterscheiden sich die Danträger und Meister.
Heutzutage (z.B. in Deutschland) wird dies leider nicht so gewissenhaft praktiziert.
Sicherlich braucht vieles von Zeit zu Zeit eine Aktualisierung.
Zum Beispiel das Prüfungsprogramm, da wir sonst Verteidigungstechniken gegen einen Baseballschläger nicht hätten und wir manche Techniken in Rüstungen trainieren müssten. Jedoch der philosophische Gedanke ist immer noch zeitgemäß.
Leider muss man des Öfteren feststellen, wie inflationär heutzutage mit Graduierungen umgegangen wird. Viel zu oft sieht man höher Graduierte die weder die technische, noch die geistige Reife haben oder viel zu jung sind.
Laut des Dai Nippon Butokukai sollte man folgendes Alter für die entsprechende Graduierung haben:
5. Dan, ab 30 Jahren
6. Dan, ab 35 Jahren
7. Dan, ab 42 Jahren
8. Dan, ab 50 Jahren
9. Dan, ab 60 Jahren
10. Dan, ab 70 Jahren
Zudem gibt es für jede Graduierung Mindestwartezeiten, so dass Späteinsteiger nicht inner-halb weniger Jahre vom ersten Dan in die Stufe der Kodansha gelangen können.
Im Dai Nippon Butokukai heißt es: „Kein Sensei würde je einen Budoka in die Stufe der Kodansha graduieren, ohne restlos davon überzeugt zu sein, dass der Entsprechende den Weg des Budo bis zu seinem Lebensende geht. Tut ein Sensei es dennoch – und hat sich dabei geirrt – hat dies nachhaltige Folgen für die gesamte Struktur des Stils.“